Lesepaten

„Schon dieses Wort weist auf eine schöne Aufgabe: Eine Lesepatin hat eine Beziehung zu einem Kind, die über das Lesen läuft. Man schaut miteinander in ein Buch und erlebt miteinander das immer neue Wunder: Die schwarzen Buchstabenfolgen ergeben einen Sinn, beginnen zu leben. Bei manchen Kindern dauert es ein bisschen länger, bis der Decodierungsvorgang automatisiert ist. Die Lehrerinnen sagen immer wieder den ermutigenden Satz: Alle Kinder lernen lesen, aber manche brauchen dabei zusätzliche Zuwendung und geduldige Unterstützung durch einen Erwachsenen. Gerade die älteren Menschen haben die Gelassenheit, die den Kindern gut tut, denn ihre Lebenserfahrung ist, dass man ein Ziel oft nur über Umwege erreicht.

Die Lesepatin ist immer gespannt darauf, was sie in der Lesestunde erwartet, aber die Lesekinder zeigen gleich soviel Zutrauen zu den Erwachsenen, dass man wie von selbst in die Lehrerrolle schlüpft. Die Kinder lassen sich helfen, sie nehmen Ratschläge an und nehmen auch mal ein empfohlenes Buch zum Lesen mit nach Hause. Eine ganze Welt zwischen zwei Buchdeckeln! Einem Kind zum Leseerlebnis verholfen zu haben, das ist mit das Schönste, was ein Lesepate, eine Lesepatin erleben kann.

Kinder wollen wahrgenommen werden. Sie verstehen die Lesepaten als Menschen, die sich für sie interessieren. „Meine Katze ist krank,“ „ich habe ein Tor geschossen“,  „ am Montag habe ich Geburtstag.“ Diese Ich-Botschaften der Kinder signalisieren Vertrauen und den Wunsch nach Streicheleinheiten. Auch dafür haben die Lesepaten Zeit, das kostbarste Gut, über das die älteren Menschen verfügen.

Unsere Schulen müssen immer mehr erzieherische Aufgaben übernehmen. Das ist leicht gesagt. Auch wenn die Lehrerin im voll besetzten Klassenzimmer ihr Bestes gibt, manche Kinder kommen zu kurz, sie bräuchten mehr Kommunikation mit der Lehrerin, am besten ein tägliches kleines Gespräch. Die Schulen erkennen, dass sie besser fahren, wenn sie die Türen öffnen und Begegnungen, Gespräche zwischen Schulkindern und Senioren ermöglichen. Nicht nur die Kinder, auch die Oma und der Opa gewinnen dabei: Lebenssinn!“

Das Lesepatenprojekt stellt für die Schule einen riesigen Gewinn dar.