Radiks 2018

Wenn aus Spaß Ernst wird – Aufführung des Berliner Ensembles „Radiks“ zum Thema Cybermobbing in der Stadthalle Ingelfingen

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Wer kennt das nicht: Hier ein lockerer Spruch, dort ein kleiner Seitenhieb, Erinnerungen an peinliche Momente – gerade wenn man mit Freunden zusammen ist, muss man auch einmal kleine Sticheleien ertragen können. Viele wissen jedoch aus eigener Erfahrung: Der Spaß kann auch ganz schnell vorbei sein.

Besonders unter Jugendlichen können „kleine Späße“ und „Neckereien“ leicht aus dem Ruder laufen. Im digitalen Zeitalter, wo Smartphones allgegenwärtig sind und Medien und soziale Netzwerke nur einen Klick entfernt sind, kann dies ganz schnell ungeahnte Ausmaße annehmen. Mit genau dieser Thematik beschäftigt sich das Stück „Fake oder ‚War doch nur Spaß‘“ des Berliner Theaterensembles „Radiks“, welches die Georg-Fahrbach-Gemeinschaftsschule mithilfe des Fördervereins, dem ein besonderer Dank gilt, für eine Vorführung in der Ingelfinger Stadthalle gewinnen konnte.

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Die beiden Darsteller Julenka Werkmeister und Alexander Abramyan erzählen die Geschichte der 17-jährigen Lea, die sich durch ihren Traum Sängerin zu werden den Neid ihrer Mitschüler zuzieht. Schnell werden erste Gerüchte gestreut, Kommentare verbreitet, Videos geliked und geteilt – schließlich macht es ja Spaß, so lange man selbst nicht betroffen ist und ein Anderer den Schaden hat. Die Geschichte von Lea nimmt auch durch zahlreiche Trittbrettfahrer immer größere Ausmaße an. So erhält sie anonyme Drohungen, Anrufe und Kurznachrichten. Ihr großer Schwarm Andi gaukelt ihr eine Beziehung vor, bis sich herausstellt, dass er sie insgeheim erst angestachelt hat, um dann Videos über ihre Fehltritte zu verbreiten. Die eigentlichen Übeltäter merken bald, dass der „Spaß“ aus dem Ruder gelaufen ist, aber jetzt eine Eigendynamik entwickelt hat, die nicht mehr umkehrbar ist. Lea selbst zieht sich immer weiter zurück, frisst ihre Sorgen in sich hinein und vertraut sich niemandem an. Auch die Lehrer können nichts mehr unternehmen, um ihr zu helfen. Als ihr Vater von der Sache erfährt, drängt er sie, Anzeige zu erstatten. Lea sieht keinen anderen Ausweg aus ihrem Dilemma, als sich das Leben zu nehmen. Der Versuch scheitert jedoch, da sie von einem Mitschüler gerettet wird.

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„Fake oder ‚War doch nur Spaß‘“ ist eine Geschichte, die nah an der Lebenswelt der Jugendlichen ist, die sich noch selbst finden müssen. Oft sind sie überfordert, besonders wenn es um Probleme wie Liebe und Anerkennung geht. Auch Neid und Missgunst gehörten schon immer dazu. Heutzutage kommt aber noch erschwerend hinzu, dass man sowohl immer erreichbar ist, als auch die Möglichkeit hat, ständig selbst aktiv zu werden. Das Ensemble „Radiks“ verdeutlicht sehr gut das Dilemma des medialen Zeitalters: Eine Gesellschaft, in der nur noch unreflektiert geteilt und geliked wird, in der man sich – womöglich für ein paar Sekunden „Internet-fame“ – auf Kosten Anderer profilieren muss, stumpft zwangsläufig ab.

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Über diese Problematik, Mobbing allgemein, aber auch Fragen zum Thema Schauspiel durften die Schüler der Gerog-Fahrbach-Gemeinschaftsschule im Anschluß noch ganz offen mit Julenka Werkmeister und Alexander Abramyan sprechen, die bereitwillig und sehr informativ alle Fragen beantworteten.

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Es war ein sehr kurzweiliger Vormittag, der viele Schüler zum Nachdenken anregte.

D.Ponier